Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Die Klägerin ist ein Handelsunternehmen der R-Gruppe. Sie betreibt u.a. einen Auslieferungsservice für Endkunden mit ca. 406 Mitarbeitern. Am 17.05.2023 fand dort ein von der Gewerkschaft ver.di organisierter Unterstützungsstreik statt. Der Hauptarbeitskampf, der auch in anderen Unternehmen der R-Gruppe stattfand, war ebenfalls von ver.di getragen und richtete sich auf Lohnerhöhungen und die gemeinsame Beantragung der Allgemeinverbindlicherklärung des abzuschließenden Tarifvertrags. Das bestreikte Unternehmen machte gegen die Gewerkschaft einen Schadensersatzanspruch i.H.v. 301.686,21 Euro geltend, da sich der Streik auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet und die Grenzen für einen Unterstützungsstreik überschritten habe.
Das LArbG Köln hat die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des ArbG Köln zurückgewiesen.
I. Der Eingriff in den Gewerbebetrieb als Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch wegen rechtswidrigen Streiks
Wird rechtswidrig gestreikt, so kann dies einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zur Folge haben. Bei diesem handle es sich um einen „offenen Tatbestand“, dessen Inhalt und Grenzen „sich erst aus einer Interessen- und Güterabwägung mit der im Einzelfall konkret kollidierenden Interessenssphäre“ ergeben würden. Der Eingriff müsse gegen den Betrieb als solchen gerichtet, d.h. seiner objektiven Stoßrichtung nach gegen den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit gerichtet sein. Auch müsse eine Schadensgefahr bestehen, die über eine Belästigung oder sozialübliche Behinderung hinausgehe und geeignet sei, den Betrieb in empfindlicher Weise zu beeinträchtigen. Weiter gehend werde in einer Entscheidung des BGH sogar verlangt, dass der Eingriff „die Grundlagen des Betriebs bedrohe, den Funktionszusammenhang der Betriebsmittel auf längere Zeit aufhebe oder die Tätigkeit des Inhabers als solche in Frage stelle“. Dass diese Voraussetzungen bei einem eintägigen Streik erfüllt sein könnten, erscheint recht unwahrscheinlich, doch konnte das Gericht diese Frage dahinstehen lassen, da der Streik jedenfalls nicht rechtswidrig war.
II. Streik um Bestimmungen des obligatorischen Teils des Tarifvertrags
Ein Unterstützungsstreik ist nur dann zulässig, wenn der Hauptstreik ein tariflich regelbares Ziel verfolgt. Dies war hier der Fall.
Streikziel könnten auch schuldrechtliche Verpflichtungen der Tarifvertragsparteien sein. Das TVG stelle den schuldrechtlichen Teil gleichrangig neben den normativ wirkenden, ohne irgendwelche Andeutungen über eine unterschiedliche Art des Zustandekommens zu machen. Wollte man anders entscheiden, würde man einen Teil der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen „streikfrei“ stellen und damit bei ihnen einen Ausgleich der beiderseitigen Interessen unmöglich machen. Dies widerspricht dem Sinn des Art. 9 Abs. 3 GG und wäre außerdem ein ungerechtfertigter Eingriff in die freie Wahl der Gestaltungsmittel, die den Koalitionen zusteht: Sie wären gezwungen, sich entweder des normativen Teils zu bedienen oder andere Gestaltungsformen wie eine Gesamtzusage des Arbeitgebers zu wählen, die weniger rechtliche Verbindlichkeit mit sich bringen würden.
III. Der gemeinsame Antrag der Tarifparteien auf Allgemeinverbindlicherklärung als Streikziel
Ein gemeinsamer Antrag sei nicht deshalb unzulässig, weil er sich nicht nur auf die eigenen Mitglieder der tarifschließenden Parteien beziehe. Das BVerfG habe schon 1980 festgestellt, es stelle keine Überschreitung der verfassungsrechtlichen Befugnisse der Koalitionen dar, wenn Tarifnormen auf eine Einbeziehung von Außenseitern „angelegt“ seien. Im Gegenteil würden die Tarifparteien durch die Schaffung solcher Vorschriften „in besonderem Maße“ die ihnen durch Art. 9 Abs. 3 GG zugewiesene Aufgabe erfüllen, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen „in eigener Verantwortung und im Wesentlichen ohne staatliche Einflussnahme zu gestalten“. Außerdem setze die Verbindlichkeit für Außenseiter die staatliche Mitwirkung an der Normsetzung voraus. Der Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung enthalte daher eine Regelung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen und sei entgegen der Auffassung der Klägerin nicht nur auf diese „bezogen“ (Rn. 52).
Die Streikforderung greife auch nicht unzulässig in die positive Koalitionsfreiheit der Klägerin ein. Diese hatte argumentiert, das Streikziel AVE würde die Existenz der Koalitionen gefährden, da sie die Relevanz der Tarifbindung reduziere. Dem hält das Gericht entgegen, jeder Tarifabschluss könne die Attraktivität der Tarifbindung gefährden, jede Konzession an die Gegenseite zu Austritten führen (Rn. 53).
Weiter stehe auch § 5 Abs. 1 TVG einem Streik für die gemeinsame Antragstellung nicht entgegen. Unter wörtlicher Übernahme der Erwägungen des LArbG Nürnberg in der Parallelentscheidung vom 08.04.2025 (7 SLa 213/24) betont das LArbG Köln, im Gesetz sei von einem „gemeinsamen Antrag“ und nicht von einem „freiwilligen gemeinsamen Antrag“ die Rede. Ziel der heutigen Regelung sei es gewesen, die Tarifparteien in die Lage zu versetzen, in stärkerem Maße für Tarifbindung zu sorgen. Deshalb habe man das vorher geltende 50%-Quorum aufgegeben; nichts spreche deshalb dafür, die Zustimmung der Arbeitgeberseite dem Arbeitskampf zu entziehen. Selbst wenn die Allgemeinverbindlicherklärung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 TVG im öffentlichen Interesse geboten wäre, könnte eine Seite durch unterbleibende Antragstellung nach freiem Belieben die Allgemeinverbindlicherklärung verhindern. Eine solche „Freiheit“ gegen eine Beeinflussung durch Streik abzusichern, könne nicht Sinn eines Gesetzes sein, das die Tarifautonomie stärken wolle.
IV. Keine Unverhältnismäßigkeit als Unterstützungsstreik
Unterstützungsstreiks unterliegen dem Gebot der Verhältnismäßigkeit. Bei der Frage der Geeignetheit und der Erforderlichkeit kommt den Gewerkschaften eine Einschätzungsprärogative zu. Ihr Beurteilungsspielraum sei im konkreten Fall nicht überschritten. Bei der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne müsse eine Abwägung mit den Interessen der anderen Seite stattfinden, wobei zu berücksichtigen sei, dass „es gerade das Wesen einer Arbeitskampfmaßnahme ist, durch Zufügung wirtschaftlicher Nachteile Druck zur Erreichung eines legitimen Ziels auszuüben“ (Rn. 58). Unverhältnismäßig sei ein Arbeitskampfmittel daher erst, wenn es sich auch unter Berücksichtigung dieser Tatsache als unangemessene Beeinträchtigung gegenläufiger Rechtspositionen der Arbeitgeberseite darstelle, die ebenfalls verfassungsrechtlich geschützt seien. Die Tatsache, dass der bestreikte Arbeitgeber die von der Gewerkschaft erhobene Forderung nicht selbst erfüllen könne, sei ohne Bedeutung, wenn der Arbeitgeber mit den im Hauptarbeitskampf befindlichen Unternehmen wirtschaftlich eng verflochten sei und damit Einwirkungsmöglichkeiten auf deren Verhalten habe. Diese Verflechtung sei insbesondere dann besonders ausgeprägt, wenn die Unternehmen zum selben Konzern gehörten (Rn. 59). Dies war hier der Fall.
Mit Rücksicht auf die kurze Dauer von 24 Stunden sei der vorliegende Streik auch nicht zum Hauptstreik geworden; er bleibe vielmehr Unterstützungsstreik. Dabei komme es weder auf die Anzahl der Streikteilnehmer noch auf den entstandenen Schaden an.
V. Kein Schadensersatz wegen rechtmäßigen Alternativverhaltens
Selbst wenn man dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch bejahen würde, könnte der entstandene Schaden der Gewerkschaft nicht zugerechnet werden. Auch ohne die Forderung nach dem gemeinsamen AVE-Antrag hätte die beklagte Gewerkschaft denselben Streik durchführen können. Die gegenteilige Auffassung des BAG (Urt. v. 26.07.2016 - 1 AZR 160/14 - NZA 2016, 1543) möge für Verstöße gegen die Friedenspflicht gelten, weil diese jedem Tarifvertrag als Friedensordnung immanent sei. Im Fall einer einzelnen unzulässigen Streikforderung bei einem im Übrigen zulässigen Streik sei der Ausschluss des Einwands des rechtmäßigen Alternativverhaltens nicht geboten; anders als bei Verstößen gegen die Friedenspflicht sei keine besondere Schutzbedürftigkeit der Arbeitgeberseite anzunehmen.
Kontext der Entscheidung
Die Entscheidung des LArbG Köln behandelt zahlreiche wichtige Fragen des Arbeitskampfrechts. Seine Ergebnisse sind sorgsam und ausgewogen begründet. Auch werden einzelne Fragen angesprochen, die im konkreten Fall nicht entscheidungsrelevant waren, jedoch in anderen Konstellationen Orientierung geben können.
I. Das Recht am Gewerbebetrieb
Interesse verdienen etwa die Ausführungen zum eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, da nach der Rechtsprechung des BGH und des BAG nicht jede Beeinträchtigung einen Schadensersatzanspruch auslöst. Die in Bezug genommenen Entscheidungen betreffen zwar keine arbeitskampfrechtlichen Vorgänge, doch können die dort entwickelten Maßstäbe auch bei Streiks oder anderen Kampfmaßnahmen relevant werden. Im ersten Fall (BGH, Urt. v. 21.04.1998 - VI ZR 196/97) ging es um ein Reiseunternehmen, das ein Belegungsrecht in einem im Ausland gelegenen Appartementhaus hatte. Fernsehaufnahmen und Interviews mit unzufriedenen Gästen wurden nicht als Eingriff qualifiziert, da das Appartementhaus anders als ein Betriebsgebäude nicht Teil des Gewerbebetriebs geworden war. Nach der bekannten BAG-Entscheidung vom 20.01.2009 (1 AZR 515/08) stellte es ebenfalls keinen Eingriff dar, wenn eine Gewerkschaft E-Mails an die dienstlichen Adressen der Beschäftigten verschickte, da dies nicht zu einer Störung des Betriebsablaufs geführt hatte. Am weitesten geht die Formulierung des BGH (Beschl. v. 14.04.2005 - V ZB 16/05), wonach ein Eingriff durch einen Zwangsverwalter, der ein Hotel fortführte, nur vorliege, wenn die Grundlagen des Betriebs bedroht seien, der Funktionszusammenhang der materiellen und immateriellen Betriebsmittel auf längere Zeit aufgehoben wäre oder die Tätigkeit des Inhabers als solche infrage gestellt würde. Diese Formulierung hat sehr allgemeinen Charakter, ist von daher nicht allein auf die Spezifik der Zwangsverwaltung bezogen und kann auf kurzfristige Streiks übertragen werden. Bisher hat die arbeitskampfrechtliche Diskussion – soweit ersichtlich – davon kaum Notiz genommen.
II. Tarifliches Ziel
Mit der ganz herrschenden Praxis geht das LArbG Köln davon aus, dass Arbeitskämpfe nur zur Durchsetzung tarifvertraglich regelbarer Ziele geführt werden dürfen. Das BAG hatte dies im Jahre 2002 infrage gestellt und ausdrücklich betont (BAG, Urt. v. 10.12.2002 - 1 AZR 96/02 - NZA 2003, 735, 740):
„Die generalisierende Aussage, Arbeitskämpfe seien stets nur zur Durchsetzung tarifvertraglich regelbarer Ziele zulässig, (mag) im Hinblick auf Teil II Art. 6 Nr. 4 ESC einer erneuten Überprüfung bedürfen.“
Hintergrund war eine Empfehlung des Ministerkomitees des Europarats, die am 03.02.1998 mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen wurde. Sie forderte die Bundesrepublik auf, die bisherigen engen Schranken des Streikrechts aufzugeben: Der Garantie des Art. 6 Nr. 4 ESC sei nur dann Rechnung getragen, wenn auch um andere als tarifliche Ziele gestreikt werden könne (Text der Empfehlung in ArbuR 1998, 154; dazu eingehend Kohte/Doll, ZESAR 2003, 393). Im Jahre 2007 wiederholte das BAG seinen Vorbehalt (BAG, Urt. v. 24.04.2007 - 1 AZR 252/06 Rn. 79 - NZA 2007, 987):
„Im Streitfall bedarf es keiner Erörterung der Frage, ob diese Beschränkung mit den Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland aus völkerrechtlichen Verträgen, etwa aus Teil II Art. 6 Nr. 4 der Europäischen Sozialcharta zu vereinbaren ist.“
Die inzwischen vergangenen gut 20 Jahre haben ersichtlich zu keinem Prozess des Nachdenkens geführt, der eine (eigentlich gebotene) Revision der Rechtsprechung zur Folge gehabt hätte. Dem LArbG Köln ist angesichts der zahlreichen zu entscheidenden Fragen kein Vorwurf daraus zu machen, dass es nicht auch noch dieses Fass aufgemacht hat.
III. Streik um den obligatorischen Teil
Bei der praktisch wichtigen Frage, ob Bestimmungen des obligatorischen Teils des Tarifvertrags erstreikbar sind, schließt sich das LArbG Köln der herrschenden Auffassung in der Literatur an. Es befindet sich insoweit in guter Gesellschaft, als auch das BAG ausschließlich von „Streiks um Tarifverträge“ spricht, ohne auch nur ansatzweise nach normativem und obligatorischem Teil zu differenzieren (BAG, Urt. v. 12.09.1984 - 1 AZR 342/83 - DB 1984, 2563). Im Tarifvertragssystem gebe es kein „druckfreies Verhandeln“, das geltende Recht gehe davon aus, „dass Tarifverträge letztlich nur unter dem Druck zumindest möglicher Arbeitskämpfe zustande kommen“. Auch die sonstige instanzgerichtliche Rechtsprechung hat sich durchweg dafür ausgesprochen, dass sich ein Streik auch auf Bestimmungen des obligatorischen Teils beziehen könne (LArbG Stuttgart, Urt. v. 20.02.2019 - 4 Sa 40/18 Rn. 148 - LAGE Art. 9 GG Arbeitskampf Nr 114; LArbG Bremen, Beschl. v. 05.05.1998 - 2 Sa 127/98 - AiB 1998, 537, Leitsatz 4: „Schuldrechtliche Verpflichtungen im Tarifvertrag sind durch Arbeitskampf erzwingbar.“, ebenso LArbG Nürnberg, Urt. v. 20.07.2023 - 3 SaGa 6/23 Rn. 44 - NZA-RR 2023, 539 und ArbG Köln, Urt. v. 06.06.2023 - 17 Ga 27/23 sowie der Sache nach auch ArbG Stuttgart v. 09.06.2023 - 15 Ga 41/23 in der aktuellen Auseinandersetzung im Groß- und Einzelhandel). Den vom LArbG Köln hinzugefügten inhaltlichen Argumenten (oben B. II.) ist zuzustimmen.
IV. Besonderheiten bei § 5 Abs. 1 TVG?
Besonders eingehend fiel die Begründung des LArbG Köln im Zusammenhang mit § 5 TVG aus, was damit zusammenhängt, dass die Klägervertreter in diesem Punkt die meisten Argumente entwickelt hatten. Das Gericht hat sie aufgegriffen und sich sorgsam mit ihnen auseinandergesetzt. Bemerkenswert ist, dass es auf den Zweck des Tarifautonomiestärkungsgesetzes zurückgriff. Mit Recht wurde der Sache nach herausgearbeitet, dass ein aus beliebigen Gründen ausübbares und zugleich „unantastbares“ Vetorecht einer Seite zu einem Ergebnis führen würde, das weniger Tarifbindung als in der Zeit vor der Novellierung des § 5 TVG möglich machen würde. Dem ist inhaltlich nichts hinzuzufügen.
V. Zulässigkeit des Unterstützungsstreiks
Solidaritäts- oder Sympathiestreiks, vom BAG „Unterstützungsstreiks“ genannt, sind eine recht seltene Erscheinung, was zur Folge hat, dass es auch nur wenige Aussagen zu den Zulässigkeitsgrenzen gibt. Das LArbG Köln greift diese auf und befasst sich insbesondere mit dem Grundsatz, dass ein Unterstützungsstreik nicht zu einem Hauptstreik werden darf. Dass Solidaritätsstreiks innerhalb eines Konzerns möglich sind, war übrigens schon unter der früheren, restriktiveren Rechtsprechung des BAG mehr oder weniger anerkannt (BAG, Urt. v. 05.03.1985 - 1 AZR 468/83 Rn. 51 - NZA 1985, 504).
VI. Rechtmäßiges Alternativverhalten
Das LArbG Köln äußerte sich zusätzlich zu der Frage, welche Konsequenzen es hat, wenn nur eine von mehreren Tarifforderungen rechtswidrig ist. Das BAG nimmt insoweit einen sehr strengen Standpunkt ein und betrachtet den Streik insgesamt als rechtswidrig. Darauf, welchen Stellenwert die rechtswidrige Forderung innerhalb eines Forderungspakets hat, soll es nicht ankommen. Das LArbG Köln legt die BAG-Rechtsprechung so aus, dass sie nur für Verletzungen der Friedenspflicht gelte; hier müsse sich der Arbeitgeber voll auf die „Streikfreiheit“ während der Laufzeit des Tarifvertrags verlassen können. Anders, wenn es darum gehe, ob eine von mehreren Forderungen unzulässig ist. Hier besteht kein Anlass, der den Streik organisierenden Gewerkschaft die Berufung auf ein rechtmäßiges Alternativverhalten zu verweigern. Die durch den Streik verursachte Drucksituation wäre keine andere gewesen, wenn ausschließlich über Lohnfragen verhandelt worden wäre.
Die weitere Frage, ob bei neuartigen Streikforderungen andere Maßstäbe für die Haftung der Gewerkschaft auf Schadensersatz gelten (dazu bereits BAG, Urt. v. 21.03.1978 - 1 AZR 11/76 - NJW 1978, 2114, Leitsatz 3; ebenso aus neuerer Zeit Jacobs/Holle, Streiken unter dem Damoklesschwert einer Schadensersatzhaftung in: FS Preis, 2021, 501, 502), war unter diesen Umständen nicht mehr zu erörtern.