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Anmerkung zu:OLG Koblenz 1. Senat für Familiensachen, Beschluss vom 05.07.2023 - 13 UF 118/23
Autor:Norbert Maes, RA, FA für Familienrecht und Mediator
Erscheinungsdatum:29.04.2025
Quelle:juris Logo
Normen:§ 1605 BGB, § 242 BGB, § 362 BGB, § 263 ZPO, § 264 ZPO
Fundstelle:jurisPR-FamR 9/2025 Anm. 1
Herausgeber:Andrea Volpp, RA'in und FA'in für Familienrecht
Franz Linnartz, RA und FA für Erbrecht und Steuerrecht
Zitiervorschlag:Maes, jurisPR-FamR 9/2025 Anm. 1 Zitiervorschlag

Rückkehr in die Auskunftsstufe



Leitsätze

1. Eine Rückkehr zur Auskunftsstufe nach deren Erledigung ist jedenfalls dann als zulässige Änderung eines noch anhängigen Stufenantrags möglich, wenn der zuerkannte Auskunftsanspruch durch Zeitablauf überholt ist.
2. Bei Nichtbezifferung des im Rahmen eines Stufenantrags gestellten Zahlungsantrags hat der Antragsgegner einen Anspruch auf Abweisung des Zahlungsantrags.



A.
Problemstellung
Bislang ist in der Rechtsprechung umstritten, ob eine Rückkehr in die Auskunftsstufe möglich ist, wenn darüber oder über eine der weiteren Stufen, etwa Belegvorlage, Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung oder über die Bezifferung bereits verhandelt und entschieden wurde.


B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Nachdem das Familiengericht über den Stufenantrag zum Nacheheunterhalt auf Auskunft durch Teilbeschluss entschieden hatte, stellte die Ehefrau einen weiteren Antrag auf Auskunft für einen aktuelleren Zeitraum, anstatt ihren Unterhalt zu beziffern. Das Familiengericht gab dem Antrag statt, weil die Ehefrau die aktuelle Auskunft zur Bezifferung ihres Anspruchs auf Nacheheunterhalt benötige. Das OLG Koblenz hat die Entscheidung bestätigt.
Wegen der besonderen Verhältnisse des Falles sei es unabhängig von der Frage einer grundsätzlich zulässigen Rückkehr zur Auskunftsstufe im vorliegenden Fall zulässig, in die Auskunftsstufe zurückzukehren. Es liege eine sachdienliche Klageänderung gemäß § 263 ZPO vor. Die Ehefrau könne ihren Unterhaltsanspruch erst beziffern, wenn sie ausreichende Kenntnisse über das Einkommen des Ehemannes habe, wobei auf den Zeitpunkt der zukünftig rechtskräftigen Scheidung abzustellen sei. Deshalb sei der ursprünglich zuerkannte Auskunftsanspruch durch Zeitablauf überholt. Würde man der Ehefrau die Möglichkeit nehmen, erneut Auskunft zu beantragen, sei es ihr verwehrt oder erheblich erschwert, ihren eventuell bestehenden Unterhaltsanspruch schlüssig geltend zu machen.
Daher bestehe auch keine unzulässige Umgehung der Sperrfrist des § 1605 Abs. 2 BGB. Zwar weise der Ehemann zutreffend darauf hin, dass er bei Nichtbezifferung des Zahlungsantrags einen Anspruch auf Antragsabweisung oder Abtrennung habe. Allerdings stehe dem der weitere Auskunftsantrag der Ehefrau entgegen.
Unerheblich sei, dass die Ehefrau nach dem Teilbeschluss ausschließlich die Folgesache Güterrecht weiterbetrieben habe, denn gegen den ihr materiell-rechtlich zustehenden weiteren Auskunftsanspruch gemäß § 242 BGB könne keine unzulässige Rechtsausübung eingewandt werden, weil damit die Bezifferung des Nacheheunterhalts unmöglich gemacht werde. Außerdem erstrecke sich die Rechtskraft des ursprünglichen Teilbeschlusses nicht auf den aktuell geltend gemachten Auskunftszeitraum.
Der Ehemann könne sich auch nicht auf Teilerfüllung gemäß § 362 BGB berufen, weil die Auskunft grundsätzlich über den gesamten Zeitraum in einer einheitlichen, systematischen Aufstellung zu erteilen sei.
Schließlich greife auch der Verwirkungseinwand des Ehemannes nicht, solange nicht klar sei, dass ein Nacheheunterhaltsanspruch von vornherein ausscheide.


C.
Kontext der Entscheidung
Das OLG Koblenz beruft sich in seiner Entscheidung auf das Urteil des OLG München vom 20.10.1994 (16 UF 797/94). Danach kann in der Berufungsinstanz eines Unterhaltsprozesses in die Stufenklage zurückgekehrt werden, obwohl der Auskunftsanspruch nach Rechtshängigkeit in 1. Instanz fallengelassen und der spätere Leistungsantrag zurückgewiesen worden waren.
Weiter führt das OLG Koblenz das Urteil des BGH vom 17.10.2012 (XII ZR 101/10) an. Im dort entschiedenen Fall hatte der Kläger die Auskunftsstufe mit Zustimmung der Beklagten für erledigt erklärt und seinen Zahlungsantrag beziffert. Nach Klageabweisung beantragte er in der Berufungsinstanz, Auskunft über das Trennungsvermögen zu erteilen. Laut BGH war die Rückkehr zur Auskunftsstufe möglich, weil sich während des Verfahrens die Rechtslage geändert hatte und Auskunft zum Trennungsstichtag verlangt werden konnte, um anschließend einen Ausgleichsanspruch zu beziffern.
Das LG Mönchengladbach ließ mit Teilurteil vom 13.03.2018 (3 O 309/14) die Rückkehr in die Auskunftsstufe nach Entscheidung über die Auskunft und die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung als sachdienliche Klageänderung i.S.v. § 263 ZPO zu. Ebenso das OLG München, allerdings als zulässige Klageerweiterung gemäß § 264 Nr. 2 ZPO (OLG München, Urt. v. 01.02.2012 - 3 U 3525/11). Die Vorinstanz hatte eine Rückkehr in die Auskunftsstufe verweigert, weil die Klägerin bereits zur Zahlungsklage übergegangen sei. Demgegenüber hält das LG Waldshut-Tiengen die Rückkehr in eine vorangegangene Stufe für prozessual unzulässig, wenn bereits über eine höhere Stufe verhandelt und entschieden worden ist (LG Waldshut-Tiengen, Urt. v. 02.08.2016 - 1 O 91/13). Auch das KG lehnte eine Rückkehr in die Auskunftsstufe bei Vorliegen eines Teilbeschlusses in einem Kindesunterhaltsverfahren ab (KG, Beschl. v. 09.04.2024 - 16 UF 60/23).


D.
Auswirkungen für die Praxis
Die vorstehenden Entscheidungen zeigen, dass eine Rückkehr in die Auskunftsstufe vom Einzelfall abhängt. Wenn sich nach Verhandlung und Entscheidung über eine weitere Stufe herausstellt, dass eine zusätzliche Auskunft erforderlich ist, sollte unabhängig vom Streitstand ein neuer Auskunftsantrag gestellt und geschaut werden, ob eine der im Kontext genannten Entscheidungen passt. Gegebenenfalls kann die Auskunft erneut beim Oberlandesgericht im Rahmen eines Stufenantrags verfolgt werden.



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