Vom Lehrbuch in die Wirklichkeit - strafbarer „untauglicher“ Versuch und „umgekehrter Tatbestandsirrtum“ am Beispiel des Computerbetrugs und erforderliche tatrichterliche Feststellungen an die subjektive TatseiteLeitsätze 1. Erteilt der Kunde seiner Bank den Auftrag, von seinem (insofern keine Deckung aufweisenden) Girokonto bei einem Drittinstitut einen Betrag per Lastschrift zugunsten seines bei der Bank (zum Zwecke app-gestützter Wertpapierhandelsgeschäfte) abgeschlossenen Verrechnungskontos einzuziehen und findet in dem von der Bank genutzten Datenverarbeitungsprozess vor der Gutschrift des Betrages auf dem Verrechnungskonto keine irgendwie geartete Prüfung der Bonität des Kunden statt, fehlt es an der für das Tatbestandsmerkmal der Datenverwendung i.S.v. § 263a StGB erforderlichen Täuschungsäquivalenz. 2. Für das (für die Annahme eines versuchten Computerbetruges erforderliche) Vorliegen des Tatentschlusses zur Verwirklichung des § 263a Abs. 1 Var. 3 StGB bedarf es spiegelbildlich zu dem vorgenannten Maßstab der Vorstellung des Täters, dass er im Zuge der Datenverwendung Ansätze zur Kontrolle überwindet bzw. dass solche Ansätze im Verarbeitungsprozess zumindest vorhanden sind. 3. Sollten sich bereits bei der Eröffnung des Verrechnungskontos Anknüpfungspunkte dafür ergeben, dass eine Gutschrift nach Lastschrifteinzug seitens der Bank mit der Voraussetzung entsprechender Kontodeckung verbunden wurde, vermag dies u.U. die Annahme einer Datenverwendung infolge der später im Einzelnen erteilten Lastschriftermächtigung zu rechtfertigen. Insofern bedarf es eingehender Feststellungen des erkennenden Gerichts dazu, ob sich solche Kontrollansätze bereits aus den Umständen der Kontoeröffnung und etwaigen in diesem Zuge akzeptierten Vertragsbedingungen, erfolgten Versicherungen, Erklärungen o.Ä. ergeben. - A.
Problemstellung § 263a StGB wirft seit jeher eine Vielzahl praktischer Anwendungsfragen auf, wobei bei der Lektüre auch der jüngeren Judikatur gelegentlich die Frage aufkommt, wie groß der Abstand zwischen der technischen Entwicklung einerseits und deren Übertragung auf bestehende Strafgesetze andererseits sein kann (Antwort: sehr groß). Unabhängig von derartigen Fragen führt die Anwendung des Tatbestands aber auch zu klassischen juristischen Fragestellungen, die immer wieder diskutiert werden. Eine dieser Fragestellungen ist die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „unbefugt“ i.S.d. § 263a Abs. 1 Alt. 3 StGB. Angesichts der unverändert wachsenden Praxisrelevanz der Norm musste sich die obergerichtliche Rechtsprechung in letzter Zeit zu einer Fülle von Fallkonstellationen positionieren. Dabei ging es im Kern stets um die Frage, ob tatsächlich eine Verhaltensweise vorliegt, die dem Straftatbestand der „unbefugten“ Verwendung von Daten unterfällt. Unter dieses Merkmal lassen sich grundsätzlich alle Handlungen subsumieren, bei denen das Ergebnis eines Datenverarbeitungsvorgangs durch die fehlende Erlaubnis zur Verwendung der Daten verfälscht wird. Anders als § 263a Abs. 1 Alt. 1 und 2 StGB erfasst diese Variante also Fälle, in denen der Täter Daten verwendet, die als „richtig“ anzusehen sind. Diese recht unbestimmte Formulierung des Tatbestands des § 263a Abs. 1 Alt. 3 StGB birgt die Gefahr, der Vorschrift einen Anwendungsbereich zu eröffnen, der die Grenzen der durch den Gesetzgeber intendierten lückenfüllenden Funktion im Kontext des klassischen Betrugs gemäß § 263 StGB weit überschreitet (vgl. auch Kindhäuser/Hoven in: NK-StGB, 6. Aufl. 2023, § 263a StGB Rn. 19). Denn durch die Einführung des § 263a StGB sollte seinerzeit lediglich jene Strafbarkeitslücke geschlossen werden, die infolge der zunehmenden Digitalisierung dadurch entstanden war, dass der Tatbestand des Betrugs menschliche Entscheidungsprozesse voraussetzt, die bei dem Einsatz von Computern gerade fehlen. Aus diesem Grund besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass die dritte Tatvariante des § 263 Abs. 1 StGB einer einschränkenden Auslegung bedarf. Dabei ist die sog. „betrugsspezifische Auslegung“ als herrschend zu bezeichnen und wird auch in der hier besprochenen Entscheidung vom OLG Hamm vertreten. Den Kern der Entscheidung bildet zudem noch eine weitere nicht weniger relevante Feststellung: Zur Annahme eines (strafbaren) untauglichen Versuchs des Computerbetrugs bedarf es fundierter Feststellungen zur subjektiven Tatseite, um den erforderlichen „umgekehrten Tatbestandsirrtum“ zu begründen. Die – wie in der Vorinstanz geschehen – bloße Feststellung des Tatgerichts, der Angeklagte habe nicht gewusst, dass Geldbeträge ohne jegliche Prüfung oder Kontrolle seiner Bonität gutgeschrieben werden würden, genügt dem OLG zufolge hierfür nicht.
- B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung Das Amtsgericht – Schöffengericht – Detmold hat den revisionsführenden Angeklagten ursprünglich mit Urteil vom 29.08.2023 (4 Ls-44 Js 1031/22-37/23) „aus tatsächlichen Gründen“ vom Vorwurf des Computerbetrugs freigesprochen. Aufgrund der am 31.08.2023 beim Amtsgericht eingegangenen Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht Detmold den Angeklagten mit Urteil vom 18.04.2024 (25 NBs - 44 Js 1031/22 - 55/23) wegen versuchten Computerbetrugs in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten (ausgesetzt zur Bewährung) verurteilt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lud der Angeklagte sich die App T. herunter, über die Wertpapierhandelsgeschäfte abgewickelt werden konnten. Zur Nutzung der App musste der Kunde ein Verrechnungskonto bei der K. Bank eröffnen, das ausschließlich dem Kauf von Wertpapieren diente und worauf nur zu diesem Zweck per Überweisung oder Lastschrifteinzug Gelder vom Girokonto des Kunden gebucht wurden, die dann zwecks des Erwerbs von Wertpapieren verwendet werden konnten. Diese Geschäfte wurden jeweils über die App in Auftrag gegeben und von der K. Bank ausgeführt. In der Folge erteilte der Angeklagte über die App an drei verschiedenen Tagen mehrere Aufträge, von seinen Girokonten bei Drittinstituten jeweils unterschiedliche Beträge per Lastschrift einzuziehen. Hierbei sei ihm stets bewusst gewesen, dass sein Girokonto keine entsprechende Deckung aufgewiesen habe und die Lastschrift daher nicht würde eingelöst werden können. Er habe jedoch gehofft, dass die K.-Bank ihm den Betrag dennoch auf dem Verrechnungskonto gutschreiben werde, so dass er diesen zum Kauf von Wertpapieren würde einsetzen können, bevor auffiel, dass die Lastschrift nicht eingelöst werden konnte. Tatsächlich wurden die Beträge auch den Verrechnungskonten des Angeklagten bei der K.-Bank automatisch gutgeschrieben, ohne dass zuvor eine irgendwie geartete Prüfung der finanziellen Lage stattfand. Noch am selben Tag oder am Folgetag nutzte der Angeklagte das auf den Verrechnungskonten verbuchte Guthaben zum Kauf von Wertpapieren. (Erst) später riefen die Drittinstitute die Lastschriften mangels Deckung zurück. Nach Rückruf der Lastschriften betrieb die K.-Bank den Verkauf der Wertpapiere. Aufgrund zwischenzeitlicher Kursverluste konnte sie jedoch nicht die gesamte zuvor durch den Angeklagten investierte Summe erzielen. Auf einem Verrechnungskonto verblieb ein Fehlbetrag i.H.v. 925,38 Euro, auf einem anderen ein solcher i.H.v. 6.287,46 Euro. Der Angeklagte habe sich ausweislich der Feststellungen des Berufungsgerichts auf diesem Wege Geldmittel verschaffen wollen, um in der App mit Wertpapieren spekulieren zu können. Dabei sei ihm bewusst gewesen, dass das Risiko bestand, dass infolge von Kursverlusten die Mittel zur Rückgabe der Lastschriften auf seinem Verrechnungskonto nicht mehr vorhanden sein könnten und der K. Bank infolge der Verpflichtung zur Rückgabe der Lastschrift ein finanzieller Schaden entstehen werde. Im Rahmen der rechtlichen Würdigung hat das Berufungsgericht u.a. angenommen, der Angeklagte habe nicht gewusst, dass der Betrag seitens der K.-Bank, die seine Verrechnungskonten geführt hat, ohne jegliche Prüfung oder Kontrolle seiner Bonität gutgeschrieben werden würde. Darauf aufbauend hat das Landgericht eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen versuchten Computerbetrugs gemäß den §§ 263a Abs. 1, Abs. 2, 263 Abs. 2, 22, 23, 53 StGB bejaht. Eine Strafbarkeit wegen vollendeten Computerbetruges hat die Strafkammer mit der Begründung einer fehlenden „Irrtumsäquivalenz“ abgelehnt, weil sich nach der Aussage eines vernommenen Zeugen in dem seitens der K. Bank eingesetzten Datenverarbeitungsprozess „keinerlei Ansätze einer Kontrolle der Bonität“ gefunden hätten. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt und diese mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründet. Daraufhin hat das OLG Hamm das angefochtene Urteil mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben, so dass die Revision („zumindest vorläufig“, so das OLG Hamm in seinem Beschluss) Erfolg hatte. Ob es dabei bleibt, wird die erneute Verhandlung und Entscheidung vor einer anderen kleinen Strafkammer des LG Detmold zeigen. In Anbetracht der dezidierten „Segelanweisung“, die das OLG Hamm dem zur Neuverhandlung des Sachverhalts berufenen Gerichts mitgegeben hat, scheint stattdessen eher eine Verurteilung wegen vollendeten Computerbetrugs in Betracht zu kommen. Zunächst hat das OLG Hamm in seinem Beschluss vom 03.09.2024 dem LG jedoch insoweit zugestimmt, dass eine Strafbarkeit wegen vollendeten Computerbetrugs i.S.v. § 263a Abs. 1 StGB ausscheide. Denn ausweislich der aus dem Urteil des LG Detmold ersichtlichen Feststellungen zum Tatgeschehen habe in dem von der K. Bank genutzten Datenverarbeitungsprozess (jedenfalls) nach Erteilung der „Aufträge“ zum Lastschrifteinzug und vor der Gutschrift der in Rede stehenden Beträge auf dem Verrechnungskonto keine irgendwie geartete Prüfung der Bonität des revidierenden Angeklagten stattgefunden. Vielmehr seien die Beträge seinem Konto „automatisch“ gutgeschrieben worden. Dies zugrunde gelegt, fehle es – wie das LG zutreffend ausgeführt habe – an der für das Tatbestandsmerkmal der „unbefugten“ Datenverwendung i.S.v. § 263a StGB erforderlichen „Irrtums-“ bzw. „Täuschungsäquivalenz“ des Geschehensablaufs. Ferner hat das OLG Hamm in diesem Beschluss festgestellt, dass auch der Schuldspruch wegen versuchten Computerbetrugs in drei Fällen sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht standhalte, da ihn zumindest die bislang getroffenen Feststellungen nicht tragen. Aus diesen ergebe sich nämlich nicht, dass der Angeklagte sich einen Prüfungsansatz im Datenverarbeitungsprozess (irrigerweise) vorstellte bzw. zumindest für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen habe. Nur in diesem Fall seien jedoch die Voraussetzungen eines strafbaren „untauglichen“ Versuchs infolge eines sog. „umgekehrten Tatbestandsirrtums“ erfüllt. In einem solchen Irrtum befinde sich der Täter, wenn er sich einen Umstand – hier das Vorhandensein von Kontrollansätzen – als gegeben vorstelle, an dessen Fehlen die Vollendung des vorgestellten Tatbestandes scheitere (vgl. BGH, Urt. v. 17.10.1996 - 4 StR 389/96 - NJW 1997, 750; BGH, Urt. v. 20.09.2007 - 3 StR 274/07 - NStZ 2008, 214), wobei insofern bedingter Vorsatz genüge (vgl. BGH, Urt. v. 17.10.1996 - 4 StR 389/96; BGH, Beschl. v. 09.01.2020 - 4 StR 324/19 - NStZ 2020, 402; Hoffmann-Holland in: MünchKomm StGB, 5. Aufl. 2024, § 22 StGB Rn. 44; Lackner/Kühl/Heger/Heger, 30. Aufl. 2023, § 263a StGB Rn. 24). Stattdessen habe das LG lediglich ausgeführt, dass der Angeklagte nicht gewusst habe, dass die Beträge ohne jegliche Prüfung seiner Bonität gutgeschrieben werden würden. Die für diese Feststellung vorgenommene Beweiswürdigung des Tatgerichts beanstandet der Senat mit deutlichen Hinweisen als lückenhaft, da nicht klar werde, weshalb das Berufungsgericht bei allen über die App erteilten Aufträgen einen die Versuchsstrafbarkeit begründenden Wissensmangel des Angeklagten angenommen habe, obwohl ihm bereits nach dem ersten Auftrag bekannt gewesen sein dürfte, dass trotz mangelnder Deckung eine Gutschrift erfolgt war.
- C.
Kontext der Entscheidung In seinem Beschluss vom 03.09.2024 hebt das OLG Hamm zunächst einerseits jedenfalls auf den ersten Blick die vorherrschende Stellung der sog. „betrugsspezifischen Auslegung“ im aktuellen Meinungsbild hervor und betont andererseits, dass bloße Mutmaßungen über das Vorstellungsbild des Täters eine Versuchsstrafbarkeit nicht zu begründen vermögen. Eine Verwendung von Daten sei nach der ganz überwiegenden – und auch vom Senat vertretenen – Meinung in Rechtsprechung und Literatur nur dann i.S.d. § 263a Abs. 1 Alt. 3 StGB „unbefugt“, wenn sie gegenüber einer natürlichen Person Täuschungscharakter aufweise (vgl. BGH, Beschl. v. 22.01.2013 - 1 StR 416/12 - NJW 2013, 2608, 2610; BGH, Beschl. v. 21.11.2001 - 2 StR 260/01 - NJW 2002, 905, 906; BGH, Urt. v. 22.11.1991 - 2 StR 376/91 - NStZ 1992, 180; OLG Hamm, Senatsbeschl. v. 07.04.2020 - 4 RVs 12/20 - NStZ 2020, 673; OLG Hamm, Beschl. v. 08.08.2013 - III-5 RVs 56/13, 5 RVs 56/13 - NStZ 2014, 275, 276; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 05.01.1998 - 2 Ss 437/97 - 123/97 II - NStZ-RR 1998, 137; Fischer, StGB, 71. Aufl. 2024, § 263a Rn. 11; Lackner/Kühl/Heger/Heger, 30. Aufl. 2023, § 263a StGB Rn. 13, 13a; Schönke/Schröder/Perron, StGB, 30. Aufl. 2019, § 263a Rn. 9). Diese sog. „betrugsspezifische Auslegung“ entspreche der gesetzgeberischen Intention, wonach der Anwendungsbereich des § 263a StGB durch die Struktur- und Wertegleichheit des Computerbetrugs mit dem Betrugstatbestand definiert sei. Mit der Einführung des § 263a StGB habe jene Strafbarkeitslücke geschlossen werden sollen, die infolge des technischen Fortschritts dadurch entstanden war, dass der Tatbestand des Betrugs menschliche Entscheidungsprozesse voraussetzt, die bei dem Einsatz von Computern gerade fehlen. Eine Ausdehnung der Strafbarkeit darüber hinaus sei nicht beabsichtigt gewesen (vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität [2. WiKG], BT-Drs. 10/318, S. 19). Um die danach erforderliche Vergleichbarkeit zu § 263 StGB in Fällen des elektronischen Zahlungsverkehrs sicherzustellen, sei für die Täuschungsäquivalenz dabei nicht auf einen fiktiven Bankangestellten abzustellen, der die Interessen des Zahlungsdienstleisters im Rahmen der Autorisierung eines Zahlungsvorgangs umfassend wahrzunehmen hat, sondern auf das Vorstellungsbild eines Angestellten, der sich nur mit den Fragen befasst, die auch der Computer prüft bzw. für die sich auch im Computerprogramm Ansätze zur Kontrolle finden (vgl. BGH, Beschl. v. 21.11.2001 - 2 StR 260/01 - NJW 2002, 905, 906; OLG Hamm, Beschl. v. 08.08.2013 - III-5 RVs 56/13, 5 RVs 56/13 - NStZ 2014, 275, 276). Gemessen an diesen Maßstäben fehle es vorliegend bei den über die App ausgelösten Lastschrifteinzügen an der Betrugsähnlichkeit. Denn nach den Feststellungen des LG wurden die in Rede stehenden Beträge dem Verrechnungskonto ohne „irgendwie geartete Prüfung“ „automatisch“ gutgeschrieben. Ansätze einer Kontrolle der Bonität des Angeklagten fanden sich – jedenfalls in diesem konkreten Datenverarbeitungsabschnitt – nicht. Mangels danach eingeschalteter – wie auch immer gearteter – zu überwindender „Hürde“ hätte sich auch ein fiktiver Bankangestellter zumindest an diesem Punkt nicht mit der Frage der Bonität des Angeklagten befasst bzw. eine ausreichende Bonität als Voraussetzung für die Gutschrift nicht in sein Vorstellungsbild aufgenommen. Mit dieser konsequenten Argumentation hebt die Rechtsprechung die Bedeutung einer restriktiven Auslegung des Merkmals der „unbefugten Verwendung von Daten“ hervor. Angesichts sich stetig fortentwickelnder technischer Möglichkeiten würde der Tatbestand des § 263a StGB andernfalls seine Funktion als „Auffangtatbestand“ in Situationen, wo kein irrtumsbedingtes menschliches Verhalten vorliegt und deshalb eine Strafbarkeit wegen Betrugs ausscheidet, verlieren und der Anwendungsbereich der Norm auszuufern drohen (a.A.: Lichtenthäler, Computerbetrug durch ungedeckte Lastschriften, FD-StrafR 2024, 820352). Darüber hinaus ist zu begrüßen, dass der Senat die Bedeutung tragfähiger Feststellungen zur subjektiven Tatseite für die Annahme eines „untauglichen Versuchs“ betont. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass in Fällen des „umgekehrten Tatbestandsirrtums“ das Vorstellungsbild des Täters von der Realität abweicht und gleichzeitig – wie immer bei versuchten Delikten – die maßgebliche Grundlage einer etwaigen Strafbarkeit darstellt.
- D.
Auswirkungen für die Praxis Ob der revidierende Angeklagte nun mit einem Freispruch rechnen kann, steht nach dem Beschluss des OLG Hamm vom 03.09.2024 allerdings noch nicht fest. Denn aus Sicht des Senats sei – mangels tiefergehender Feststellungen zu den Umständen der Kontoeröffnung – ebenfalls nicht auszuschließen, dass sich unter Heranziehung etwaiger bereits im Zuge der Eröffnung der Verrechnungskonten über die App akzeptierter Vertragsbedingungen erfolgter Versicherungen oder Erklärungen doch Anhaltspunkte dafür ergeben könnten, dass sich im Datenverarbeitungsprozess – wie auch immer geartete – Ansätze einer Überprüfung der Bonität des Angeklagten finden könnten und der Angeklagte diese kannte bzw. deren Existenz zumindest für möglich hielt und billigend in Kauf nahm. Zwar bleibt offen, wie sich daraus für das erkennende Gericht Anhaltspunkte zur weiteren Klärung der Frage, ob das von der Bank benutzen Computerprogramm Ansätze zur Kontrolle enthält, ergeben sollen. Der Senat liefert damit jedoch zugleich einen Denkanstoß in Richtung der Auffassung, dass das Merkmal „unbefugt“ auf alle Fälle erstreckt werden könne, in denen dem Täter eine vertragliche Rechtsgrundlage für die Datenverwendung fehlt (so Kindhäuser/Schumann in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius, StrafR-HdB V, § 34 Rn. 23; Maurach/Schroeder/Maiwald, Strafrecht BT Teilband 1, § 41 Rn. 233; kritisch: Kindhäuser/Hoven in: NK-StGB, 6. Aufl. 2023, StGB § 263a Rn. 22). Dieser Ansatz steht allerdings im Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung des BGH (vgl. etwa BGH, Beschl. v. 16.07.2015 - 2 StR 15/15; BGH, Beschl. v. 21.11.2001 - 2 StR 260/01), wonach zumindest der vertragswidrige Einsatz einer EC-Karte am Geldautomaten straflos sei und in der darauf hingewiesen wird, dass es insoweit dem Gesetzgeber überlassen bleiben müsse, etwaige Strafbarkeitslücken zu schließen. Er deckt sich allerdings in Teilen mit einem orbiter dictum des 4. Senats aus dem Jahr 2016 (BGH, Beschl. v. 23.11.2016 - 4 StR 464/16), worin dieser festhält, die absprachewidrige Verwendung einer überlassenen Bankkarte mit Geheimzahl durch den Täter könne entgegen der bisherigen Rechtsprechung eine unbefugte Verwendung von Daten i.S.d. § 263a StGB sein, wenn nach dem Bankkartenvertrag eine Bevollmächtigung Dritter ausgeschlossen sei. Darüber hinaus entfernt sich eine solche Auslegung zu weit von dem gesetzgeberisch intendierten Schutzzweck des § 263a StGB, dessen alleiniges Rechtsgut wie bei § 263 StGB das Individualvermögen ist (BGH, Beschl. v. 10.11.1994 - 1 StR 157/94). Denn vertragliche Bestimmungen, etwa in AGB, können auch einer Vielzahl anderer Interessen des Vertragspartners zu dienen bestimmt sein und sind deshalb als Anknüpfungspunkt zur Begründung der Strafbarkeit wegen Computerbetrugs nicht ohne Weiteres geeignet. Strafverteidiger werden sich auch künftig zunehmend mit (Detail-)Fragen des Computerbetrugs auseinanderzusetzen haben. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der mannigfaltigen und stetig fortschreitenden technischen Konstellationen, denen mitunter mit den vorhandenen Mitteln des Strafgesetzbuchs schwerlich beizukommen ist.
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