juris PraxisReporte

Anmerkung zu:OGH Österreich, Beschluss vom 17.04.2024 - 7 Ob 55/24
Autor:Sascha Piontek, RiBGH
Erscheinungsdatum:24.06.2024
Quelle:juris Logo
Fundstelle:jurisPR-VersR 6/2024 Anm. 1
Herausgeber:Prof. Dr. Peter Schimikowski, RA
Zitiervorschlag:Piontek, jurisPR-VersR 6/2024 Anm. 1 Zitiervorschlag

„Gefahren des täglichen Lebens“ in der Privathaftpflichtversicherung



Orientierungssatz zur Anmerkung

Der Begriff der „Gefahren des täglichen Lebens“ ist in der Privathaftpflichtversicherung dahin auszulegen, dass der Versicherungsschutz für die Haftpflicht des Versicherungsnehmers (nur) jene Gefahren erfasst, mit denen üblicherweise im Privatleben eines Menschen gerechnet werden muss.



A.
Problemstellung
Nach dem im Haftpflichtversicherungsrecht geltenden Grundsatz der Spezialität der versicherten Gefahr (vgl. Ziff. 3.1 AHB) wird Versicherungsschutz stets nur für die in dem Versicherungsschein angegebenen Eigenschaften, Rechtsverhältnisse oder Tätigkeiten des Versicherungsnehmers gewährt, die das versicherte Risiko bilden (BGH, Urt. v. 07.10.1987 - IVa ZR 140/86 Rn. 5 - RuS 1987, 337; OLG Oldenburg, Urt. v. 14.05.2014 - 5 U 25/14 Rn. 25 - VersR 2014, 1364; v. Rintelen in: Späte/Schimikowski, Haftpflichtversicherung, 2. Aufl. 2015, Einl. Rn. 3). In der Privathaftpflichtversicherung wird dieses versicherte Risiko üblicherweise als die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers aus den „Gefahren des täglichen Lebens als Privatperson und nicht aus den Gefahren eines Betriebes oder Berufes“ definiert (Ziff. 1 Satz 1 BB PHV). Ob bei dieser Klauselfassung die hiernach vom Versicherungsschutz ausgenommenen Tatbestände Risikoausschlüsse darstellen, die der Versicherer darlegen und beweisen muss, ist streitig (vgl. Schimikowski in: Späte/Schimikowski, Haftpflichtversicherung, BB PHV Rn. 3, 5; OLG Saarbrücken, Urt. v. 20.12.2023 - 5 U 50/23 Rn. 27 - RuS 2024, 68 m. krit. Anm. Schimikowski). Fraglich ist zudem, ob den „Gefahren des täglichen Lebens als Privatperson“ in der Privathaftpflichtversicherung, die das Leistungsversprechen mit seiner negativen Eingrenzung der Betriebs- und Berufshaftpflichtversicherung gegenüberstellt, eine den Versicherungsschutz begrenzende Funktion zukommt. In der oberstgerichtlichen Rechtsprechung verläuft hier zwischen Deutschland und Österreich eine Trennlinie.


B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Der Versicherte nahm den beklagten Versicherer einer Wohnungsversicherung, die als Baustein eine Privathaftpflichtversicherung beinhaltete, im Deckungsprozess auf Gewährung bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes in Anspruch. Die zugrunde liegenden „Klipp & Klar-Bedingungen für die Zuhause & Glücklich Wohnungsversicherung“, Deckungsvariante „Optimal“ in der Fassung 05/2014 (ZGWO) definierten den Versicherungsfall in der Privathaftpflichtversicherung als „Schadenereignis, das dem privaten Risikobereich entspringt und aus welchem den versicherten Personen Schadenersatzverpflichtungen erwachsen oder erwachsen könnten“ und enthielten in Art. 7 unter der Überschrift „Welche Gefahren sind versichert?“ folgende Bestimmung:
„Die Versicherung erstreckt sich auf Schadenersatzverpflichtungen des Versicherungsnehmers und der im Artikel 6 genannten mitversicherten Personen als Privatpersonen aus den Gefahren des täglichen Lebens mit Ausnahme der Gefahr einer betrieblichen, beruflichen oder gewerbsmäßigen Tätigkeit auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts, insbesonders …“
Der haftpflichtrechtlichen Inanspruchnahme des Versicherten lag ein Ereignis anlässlich einer Grillfeier zugrunde. Der Versicherte hatte nach den zugrunde liegenden Feststellungen einen mit Benzin und Alkohol gefüllten Kochtopf auf eine auf einer Feuerschale befindliche Holztüre in ein brennendes Lagerfeuer gestellt. Wie das im Einzelnen funktionierte und was der Hintergrund für dieses sinnentleerte Unterfangen war, wird in der Entscheidung nicht mitgeteilt. Es hatte sich jedenfalls eine Stichflamme entwickelt, die die Geschädigte erfasste und bei ihr zu Verbrennungen zweiten Grades führte.
In den Vorinstanzen war die Deckungsklage erfolglos geblieben. Das Schaffen einer derartigen Gefahrensituation sei – trotz des Hinzutretens weiterer Handlungen eines anderen Teilnehmers der Feier – keine vom gedeckten Risiko umfasste Gefahr des täglichen Lebens, in die ein Durchschnittsmensch im normalen Lebensverlauf üblicherweise gerate. Die dagegen gerichtete außerordentliche Revision, ein mit der Nichtzulassungsbeschwerde vergleichbarer Rechtsbehelf, wies der OGH zurück, weil er die Auffassung der Vorinstanzen als nicht korrekturbedürftig ansah. Die vorgenommene Abgrenzung zwischen einem gedeckten und einem ungedeckten Ereignis hänge – so der Senat – von den Umständen des Einzelfalls ab und begründe in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage.
Der versicherungsrechtliche Begriff der „Gefahr des täglichen Lebens“ sei nach ständiger Rechtsprechung so auszulegen, dass davon jene Gefahren, mit denen üblicherweise im Privatleben eines Menschen gerechnet werden muss, umfasst seien. Die Gefahr, haftpflichtig zu werden, stelle im Leben eines Durchschnittsmenschen nach wie vor eine Ausnahme dar. Deshalb wolle die Privathaftpflichtversicherung prinzipiell Deckung auch für außergewöhnliche Situationen schaffen, in die auch ein Durchschnittsmensch hineingeraten könne. Damit seien aber nicht alle ungewöhnlichen und gefährlichen Tätigkeiten abgedeckt. Für das Vorliegen einer Gefahr des täglichen Lebens sei nicht erforderlich, dass sie geradezu täglich auftrete. Vielmehr genüge es, wenn die Gefahr erfahrungsgemäß im normalen Lebensverlauf immer wieder, sei es auch seltener, eintrete. Es dürfe sich nur nicht um eine ungewöhnliche Gefahr handeln, wobei Rechtswidrigkeit oder Sorglosigkeit eines Vorhabens den daraus entspringenden Gefahren noch nicht die Qualität als solche des täglichen Lebens nähmen. Voraussetzung für einen aus einer Gefahr des täglichen Lebens verursachten Schadenfall sei nämlich eine Fehlleistung oder eine schuldhafte Unterlassung des Versicherungsnehmers. Auch ein vernünftiger Durchschnittsmensch könne aus Unvorsichtigkeit eine außergewöhnliche Gefahrensituation schaffen oder sich in einer solchen völlig falsch verhalten oder sich zu einer gefährlichen Tätigkeit, aus der die entsprechenden Folgen erwachsen, hinreißen lassen. Derartigen Fällen liege eine falsche Einschätzung der jeweiligen Sachlage zugrunde. Das bewusste und gewollte Schaffen einer Situation, die eine Brandgefahr oder Explosionsgefahr mit sich bringe, aus bloßem Mutwillen gehöre bei Erwachsenen demgegenüber nicht zu den Gefahren des täglichen Lebens. Dass Mutwillen hierbei unabdingbare Voraussetzung wäre, ergebe sich aus dieser Rechtsprechung – entgegen den Ausführungen der Revision – aber nicht. Inwieweit der Vorgang des Flambierens von Speisen in einem Restaurant mit dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbar sei, und deshalb eine Gefahr des täglichen Lebens gegeben sein sollte, sei nicht nachvollziehbar.


C.
Kontext der Entscheidung
Der OGH bestätigt in kürzester Zeit zum wiederholten Male seine in ständiger Rechtsprechung vertretene Auffassung zur Bedeutung des Merkmals „Gefahren des täglichen Lebens“ in der Privathaftpflichtversicherung, dem nach seiner Rechtsprechung für die Eingrenzung des versicherten Risikos eine eigenständige Bedeutung zukommt. Die Zurückweisung der außerordentlichen Revision ist daher nur konsequent.
I. Der Begriff der „Gefahren des täglichen Lebens“ ist hiernach dahin auszulegen, dass der Versicherungsschutz für die Haftpflicht des Versicherungsnehmers (nur) jene Gefahren erfasst, mit denen üblicherweise im Privatleben eines Menschen gerechnet werden muss (vgl. grundlegend OGH Österreich, Urt. v. 17.02.1971 - 7 Ob 23/71 - VersR 1971, 1134: Verletzung eines Unbeteiligten durch eine Bierflasche, die der Versicherungsnehmer zerschlägt, um sich auf eine Auseinandersetzung mit einem bewaffneten Gegner vorzubereiten). Unter Rückgriff auf diesen Obersatz hat der Senat Deckung aus der Privathaftpflichtversicherung für eine Unfallverursachung durch einen stark alkoholisierten Radfahrer (OGH Österreich, Urt. v. 28.04.2022 - 7 Ob 7/22p - RuS 2023, 397 m. Anm. Piontek), eine im Rahmen einer tätlichen Auseinandersetzung durch eine Ohrfeige und einen dadurch bedingten Sturz erlittene Verletzung des Nebenbuhlers (OGH Österreich, Beschl. v. 06.03.2024 - 7 Ob 21/24z) wie auch in einem Fall verneint, in dem der beim Bundesheer als Ausbilder tätige Versicherte beim Besuch mehrerer Freunde, die in einer Wohngemeinschaft zusammen lebten, seine mitgeführte Dienstwaffe nach dem Genuss alkoholischer Getränke „hergezeigt“ und beim Einlegen eines vermeintlich „unscharfen“ Magazins und anschließender Betätigung des Abzugs einen der Bewohner schwer verletzt hatte. Wenn die Vorinstanzen das Mitnehmen einer Waffe in eine fremde Wohnung und das nach dem Konsum von Alkohol erfolgte Manipulieren an dieser Waffe einerseits völlig ohne Anlass und andererseits so unaufmerksam, dass die scharfe Patrone übersehen wurde und letztlich das Betätigen des Abzugs in einer Wohnung voller Menschen als ein Verhalten qualifiziert hätten, das über die Fehleinschätzung einer gefährlichen Situation hinausgehe, so halte sich das im Rahmen der Senatsrechtsprechung. Der Versicherte habe hier eine besondere Gefahrensituation geschaffen, ohne dass dafür die geringste Notwendigkeit bestanden habe. Eine solche Situation trete erfahrungsgemäß auch im normalen Lebenslauf nicht immer wieder ein. Es habe sich daher keine Gefahr des täglichen Lebens verwirklicht (OGH Österreich, Beschl. v. 28.06.2023 - 7 Ob 87/23d).
Bejaht hat der Senat dagegen Versicherungsschutz in einem Fall, in dem es der Versicherte unentgeltlich und aus reiner Gefälligkeit übernommen hatte, während der krankheitsbedingten Schließung des Cafés einer befreundeten Lokalbetreiberin im Abstand von sieben bis zehn Tagen die Blumen zu gießen und nach der Post zu sehen. Hierbei hatte der Versicherte einen Wasserschaden verursacht, als er zur Vorbereitung der Wiedereröffnung des Lokals aus eigenem Antrieb die Kaffeemaschine hatte für den Transport zu einem Servicetechniker vorbereiten wollen. Nach dem Verschieben der Maschine hatte der Versicherte bemerkt, dass sie zu schwer für ihn war und hatte sie zurückgeschoben, wobei sich wahrscheinlich der Wasserschlauch gelöst hatte (OGH Österreich, Beschl. v. 09.11.2022 - 7 Ob 158/22v). Der Senat führte (auch hier) aus, dass der versicherungsrechtliche Begriff der „Gefahr des täglichen Lebens“ nach seiner ständigen Rechtsprechung so auszulegen sei, dass davon jene Gefahren, mit denen üblicherweise im Privatleben eines Menschen gerechnet werden muss, umfasst seien. Die Gefahr, haftpflichtig zu werden, stelle im Leben eines Durchschnittsmenschen nach wie vor eine Ausnahme dar. Deshalb wolle die Privathaftpflichtversicherung prinzipiell Deckung auch für außergewöhnliche Situationen schaffen, in die auch ein Durchschnittsmensch hineingeraten könne. Freilich seien damit nicht alle ungewöhnlichen und gefährlichen Tätigkeiten abgedeckt. Für das Vorliegen einer Gefahr des täglichen Lebens sei nicht erforderlich, dass sie geradezu täglich auftrete. Vielmehr genüge es, wenn die Gefahr erfahrungsgemäß im normalen Lebensverlauf immer wieder, sei es auch seltener, eintrete. Es dürfe sich nur nicht um eine ungewöhnliche Gefahr handeln, wobei Rechtswidrigkeit und Sorglosigkeit eines Verhaltens den daraus entspringenden Gefahren noch nicht die Qualifikation als solche des täglichen Lebens nähmen. Voraussetzung für einen aus der Gefahr des täglichen Lebens verursachten Schadensfall sei nämlich immer eine Fehlleistung oder eine schuldhafte Unterlassung des Versicherungsnehmers.
II. Auch in Deutschland entsprach diese Eingrenzung des versicherten Risikos bis 1997 einer in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Auffassung. So hatte etwa das OLG München (Urt. v. 10.03.1997 - 31 U 5564/95 - RuS 1997, 409) noch 1997 angenommen, dass ein gänzlich aus dem Rahmen des Normalbürgers fallendes Verhalten des Versicherungsnehmers, mit dem dieser gegen die Grundregeln des sozialen Zusammenlebens verstoße, vom Haftpflichtversicherungsschutz in der Privathaftpflichtversicherung ausgenommen sei. Nach dieser Maßgabe hatte der Münchener Senat Versicherungsschutz für die Verletzung der Lebensgefährtin des Versicherungsnehmers verweigert, weil dem ein Verhalten zugrunde lag, das er zumindest als Vorbereitungshandlung zu einer versuchten sexuellen Nötigung oder einer versuchten Vergewaltigung wertete und bei dem der Versicherte einer Haftpflichtversicherung nicht erwarten könne, dass die Versichertengemeinschaft für die Folgen seines Tuns aufkomme.
Nur rund drei Monate später hatte der BGH (Urt. v. 25.06.1997 - IV ZR 269/96 - BGHZ 136, 142) das schon im Ausgangspunkt anders bewertet. Im zugrunde liegenden Fall war der Versicherte in Selbsttötungsabsicht von der oberen Etage eines Parkhauses gesprungen und hatte überlebt, weil er auf einen vor dem Gebäude geparkten Pkw fiel, dessen Eigentümer ihn auf Ersatz des dadurch entstandenen Schadens in Anspruch nahm. Die Vorinstanz (OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.07.1996 - 12 U 86/96 - RuS 1996, 433) hatte, anders als noch das Landgericht, der Deckungsklage stattgegeben, da ein Selbsttötungsversuch als Schadensereignis die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Versicherungsfalls in der Privathaftpflichtversicherung erfülle und auch keine Verwirklichung einer Gefahr einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung darstelle. Der BGH sah das genauso und entschied, dass sich aus der Umschreibung des versicherten Risikos als „Gefahr des täglichen Lebens“ keine über die im Übrigen genannten Ausnahmen – insbesondere die Gefahren einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung und den Risikoausschluss der vorsätzlichen Herbeiführung des Schadens – hinausreichende Beschränkung des Versicherungsschutzes entnehmen lasse. Der Schutzbereich der Privathaftpflichtversicherung erfasst daher nach dieser Maßgabe auch nicht alltägliche, leichtsinnige und selbst verbotene Tätigkeiten (BGH, Urt. v. 25.06.1997 - IV ZR 269/96 Rn. 9 ff. - BGHZ 136, 142 = RuS 1997, 451 m. Anm. Schimikowski).
Seitdem geht der Senat in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Schutzbereich der privaten Haftpflichtversicherung durch die in den Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen regelmäßig gebrauchte Formulierung „als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens“ für sich genommen keine Einschränkung enthält, sondern weit abgesteckt ist und erst durch die begleitenden negativen Risikobeschreibungen eingeschränkt wird (BGH, Urt. v. 28.10.2015 - IV ZR 269/14 Rn. 22 - VersR 2016, 41, zur Forderungsausfallversicherung; BGH, Urt. v. 09.11.2011 - IV ZR 115/10 Rn. 13 - RuS 2012, 21; BGH, Urt. v. 10.03.2004 - IV ZR 169/03 Rn. 18 - VersR 2004, 591). Der Schutzbereich der Haftpflichtversicherung ist mithin durch die Wendung „als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens“ zunächst erkennbar weit abgesteckt und wird erst durch die Aufzählung negativer Komponenten des Haftpflichtversicherungsrisikos beschrieben und zugleich eingeschränkt (BGH, Urt. v. 09.11.2011 - IV ZR 115/10 Rn. 13 - RuS 2012, 21; BGH, Urt. v. 10.03.2004 - IV ZR 169/03 Rn. 18 - VersR 2004, 591).
Der durchschnittliche Versicherungsnehmer hat, so der BGH weiter, abgesehen von diesen aus den negativen Risikobeschreibungen ersichtlichen Begrenzungen des Versicherungsschutzes keine Anhaltspunkte dafür, dass bereits der Begriff der „Gefahren des täglichen Lebens“ eine Begrenzung des Versicherungsschutzes enthalten soll, zumal ihm keine Maßstäbe dafür an die Hand gegeben werden, Gefahren des täglichen Lebens von anderen, nicht alltäglichen Gefahren zu unterscheiden. Er wird das Leistungsversprechen mithin als – eine Art – Allgefahrenversicherung verstehen, von der nur die in den Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen eigens genannten Gefahrbereiche ausgenommen sein sollen (BGH, Urt. v. 28.10.2015 - IV ZR 269/14 Rn. 22 - VersR 2016, 41). Die frühere Rechtsprechung, die etwa darauf abstellte, ob ein Verhalten gegen Grundregeln des sozialen Zusammenlebens verstößt und deshalb außerhalb der Risiken des täglichen Lebens stehe (OLG Hamm, Urt. v. 23.11.1984 - 20 U 187/84 - VersR 1985, 463), ist damit überholt (Schimikowski in: Späte/Schimikowski, Haftpflichtversicherung, BB PHV Rn. 4).


D.
Auswirkungen für die Praxis
Die Entscheidung festigt die ständige Rechtsprechung des OGH und zeigt abermals seine von der höchstrichterlichen Judikatur in Deutschland abweichende Spruchpraxis auf. Für die Regulierung von Deckungsansprüchen in Deutschland kommt der Entscheidung hingegen keine Bedeutung zu. Bei der Bewertung unvernünftiger Verhaltensweisen des Versicherungsnehmers, die aber nicht die Anforderungen des Vorsatzausschlusses (A1-7.1 AHB PHV) oder des Ausschlusses der ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung (A1-7.15 AVB PHV) erfüllen, mag es zunächst gerecht erscheinen, diese als vom Versicherungsschutz nicht erfasst anzusehen. Eine solche Sichtweise übersieht aber, dass die Verweigerung von Deckung auch und insbesondere zulasten des Geschädigten geht und mithin der Sozialbindung der Haftpflichtversicherung (vgl. BGH, Urt. v. 05.04.2017 - IV ZR 360/15 Rn. 24 - BGHZ 214, 314) nicht gerecht wird.



Immer auf dem aktuellen Rechtsstand sein!

IHRE VORTEILE:

  • Unverzichtbare Literatur, Rechtsprechung und Vorschriften
  • Alle Rechtsinformationen sind untereinander intelligent vernetzt
  • Deutliche Zeitersparnis dank der juris Wissensmanagement-Technologie
  • Online-First-Konzept

Testen Sie das juris Portal 30 Tage kostenfrei!

Produkt auswählen

Sie benötigen Unterstützung?
Mit unserem kostenfreien Online-Beratungstool finden Sie das passende Produkt!