Hinweispflichten des Rechtsschutzversicherers bei Ablehnung des Versicherungsschutzes wegen fehlender ErfolgsaussichtenOrientierungssatz zur Anmerkung Bei der Ablehnung des Versicherungsschutzes wegen fehlender Erfolgsaussichten ist keine Erläuterung des Verfahrens im Detail zu verlangen, der Hinweis ist auch nicht drucktechnisch besonders hervorzuheben und es ist nicht notwendig, den einschlägigen § 3a ARB zu zitieren. Unschädlich ist auch, wenn - wie hier - der Versicherer nicht darauf hingewiesen hat, dass die Kosten des Stichentscheids unabhängig von dessen Ergebnis nicht zu seinen Lasten gehen. Ebenfalls unschädlich ist es, wenn der Versicherer nur auf das Stichentscheids- und nicht auch auf das ebenfalls vereinbarte Schiedsgutachterverfahren hingewiesen hat. - A.
Problemstellung Die Berufungsentscheidung des OLG Düsseldorf ist zu einem der zahlreichen „Diesel-Fälle“ ergangen, von allgemeinem bzw. versicherungsrechtlichem Interesse sind aber nur die Ausführungen des Gerichts zu den Hinweispflichten des Rechtsschutzversicherers bei Ablehnung des Versicherungsschutzes wegen (angeblich) fehlender Erfolgsaussichten.
- B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung Die ARB des Versicherers wiesen die Besonderheit auf, dass nach diesen dem Versicherungsnehmer ein Wahlrecht zwischen dem sog. Stichentscheids- oder Schiedsgutachterverfahren eingeräumt wurde. Das OLG Düsseldorf bejahte im Ergebnis hinreichende Erfolgsaussichten, meinte aber, dass die Rügen des Versicherungsnehmers, der Hinweis sei in mehreren Punkten unzureichend gewesen und deshalb hätte bereits nach § 128 Satz 3 VVG aus rein formalen Gründen Versicherungsschutz bestätigt werden müssen, nicht zutreffend seien. So sei in dem mit der Ablehnung verbundenen Hinweis keine Erläuterung des Verfahrens im Detail zu verlangen, sei der Hinweis auch nicht drucktechnisch besonders hervorzuheben und sei auch keine Zitierung des einschlägigen § 3a ARB zu verlangen. Auch dass die Beklagte nicht darauf hingewiesen habe, dass die Kosten des Stichentscheids unabhängig von dessen Ergebnis nicht zu ihren Lasten gingen, sei unschädlich und stünde nicht im Widerspruch zu EU-rechtlichen Vorgaben. Dass die Beklagte nur auf das Stichentscheids- und nicht auf das ebenfalls vereinbarte Schiedsgutachten hingewiesen habe, sei – anders als noch das Landgericht meinte – unschädlich, weil der Versicherer nach § 128 VVG lediglich ein Verfahren zur Verfügung zu stellen habe. Es könne ihm deshalb nicht zum Nachteil gereichen, wenn er ein weiteres Verfahren – hier das Schiedsgutachterverfahren – zur Verfügung stelle, hierauf aber nicht hinweise.
- C.
Kontext der Entscheidung Soweit es darum geht, dass keine vollständige Erläuterung des Verfahrens und keine drucktechnische Hervorhebung verlangt wird, dürfte sich das Urteil im Einklang mit der überwiegenden Rechtsprechung und Literatur befinden. Auch dass Ablehnungen wegen fehlender Erfolgsaussichten nicht unterschrieben werden müssen, ist zusätzlich mit OLG Schleswig, Urt. v. 27.05.2024 - 16 U 225/23 zutreffend, weil der Begriff „schriftliche Begründung“ in den ARB nicht mit der Schriftform nach § 126 BGB identisch ist. Neu und bisher nicht Gegenstand von Rechtsprechung und Kommentierung ist aber die Besonderheit des vorliegenden Verfahrens, dass nach den ARB des Versicherers ein Wahlrecht des Versicherungsnehmers – nicht des Versicherers (!) – zwischen den beiden Verfahren bestand und hierauf in der Ablehnung weder hingewiesen noch das Schiedsgutachten wenigstens kurz erläutert wurde. Das OLG Düsseldorf weist selbst darauf hin, dass der Versicherungsnehmer dadurch möglicherweise in seinem Wahlrecht nach den vereinbarten ARB beeinträchtigt wird, meint aber, dies sei unschädlich, weil nach § 128 VVG nur ein Verfahren im Sinne eines Zahlworts verlangt werde. Das wäre akzeptabel, wenn beide Verfahren in ihren Auswirkungen für den Versicherungsnehmer identisch wären, was aber nicht der Fall ist. Das OLG Düsseldorf erkennt zwar allgemein Unterschiede der beiden Verfahren an, unterlässt es aber, konkret darauf hinzuweisen, dass es bei einem von dem Versicherungsnehmer ausgeübten Wahlrecht und einem für ihn positiven Schiedsgutachten überhaupt nicht zu der vorliegenden Deckungsklage mit erheblichem Kostenrisiko für diesen gekommen wäre! Ein positives Schiedsgutachten bindet nämlich den Versicherer, er kann also nicht wie beim Stichentscheid einwenden, dieses verstieße „offenbar und erheblich gegen die wirkliche Sach- und Rechtslage“ und sei deshalb nicht bindend. Ebenfalls bessergestellt wird der Versicherungsnehmer beim Schiedsgutachten in Fristsachen, weil hier unter bestimmten Voraussetzungen Kostenschutz für fristwahrende Maßnahmen unabhängig vom Ausgang des Verfahrens besteht. Es liegt nahe, dass dies auch der beklagte Versicherer erkannt hat und deshalb ganz bewusst nur noch auf das Stichentscheidsverfahren verweist oder sich hierzu zumindest zukünftig wird ermuntert sehen. Nun trifft es zwar zu, dass das Gesetz nur ein Verfahren im Sinne eines Zahlworts zur Streitbeilegung verlangt, wenn aber ein Versicherer in seinen ARB den Versicherungsnehmer ganz bewusst besserstellen will bzw. diesem ein Wahlrecht einräumt, stellt sich schon die Frage, weshalb dann nicht auf dieses Recht bzw. beide Verfahren hingewiesen werden soll, weil zugunsten des Versicherungsnehmers ja immer von Regelungen im Gesetz, hier der Zurverfügungstellung nur eines Verfahrens, abgewichen werden kann. Rechtsprechung und Literatur meinen, dass beide Verfahren den Vorgaben des § 128 VVG entsprechen, weshalb soll der Versicherer dann aber selektiv und nach seinem Gutdünken nur auf eines der Verfahren hinweisen müssen und die dem Versicherungsnehmer vertraglich eingeräumte Wahlfreiheit so faktisch beschneiden können?
- D.
Auswirkungen für die Praxis Es bleibt abzuwarten, ob andere Gerichte der Rechtsauffassung des OLG Düsseldorf folgen, für den Rechtsanwalt des Versicherungsnehmers bestätigt sich aber wieder einmal die Notwendigkeit, die vereinbarten ARB nachzulesen, anstatt davon auszugehen, dass die Regelungen bei allen Versicherern identisch sein werden.
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