- 03.12.2025
- Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG)
Überlagernde Richtwertzonen bei der Grundsteuerwertfeststellung
Überlagernde Richtwertzonen bei der Grundsteuerwertfeststellung
Das FG Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 10.9.2025 (3 K 3109/24) zu überlagernden Richtwertzonen bei der Grundsteuerwertfeststellung entschieden. Der Richter am FG Dr. Marius Schumann kommentiert die Entscheidung und gibt Hinweise für die Praxis:
I. Entscheidungserheblicher Sachverhalt
Es geht um die Grundsteuerwertfeststellung für ein Grundstück, welches in deckungsgleich überlagernden Bodenrichtwertzonen belegen ist. Eine Zone ist für den Entwicklungszustand baureifes Land und die Nutzungsart W – Wohnbaufläche vorgesehen, die andere Zone (mit einem erheblich niedrigeren Bodenrichtwert) für den Entwicklungszustand sonstige Flächen und die Nutzungsart S-WO – Sonderbaufläche – Wochenendhäuser. Das Bewertungsobjekt ist mit einem (legal errichteten) Einfamilienhaus bebaut, welches (ebenfalls legal) ganzjährig zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Weil der Bekl. eine Teil-Einspruchsentscheidung erlassen hat, war die Frage der Verfassungsmäßigkeit des neuen grundsteuerlichen Bewertungsrechts nicht Entscheidungsgegenstand des Besprechungsurteils.
II. Die Entscheidung des Gerichts
Die Kernfrage war zunächst, welcher Bodenrichtwert heranzuziehen war. Das FG hat das Bewertungsobjekt sowohl dem Entwicklungszustand baureifes Land als auch der Nutzungsart Wohnbaufläche zugeordnet, so dass der höhere der beiden in Betracht kommenden Bodenrichtwerte heranzuziehen war. Dabei hat das FG jeweils auf die legal vorhandene Bebauung und die legal praktizierte tatsächliche Nutzung abgestellt. Unmaßgeblich war nach Auffassung des FG, ob
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ein Neubau nach einem gedachten Abriss zulässig wäre,
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das Grundstück bauplanungsrechtlich im Außenbereich liegt,
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das Grundstück in einem Bebauungsplan als Bauland ausgewiesen ist,
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Tiefbaumaßnahmen zulässig sind,
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die Zuwegung über befestigte oder unbefestigte Wege verläuft,
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es einen Kanalisationsanschluss oder nur eine Abwasserentsorgung über Sammelgruben gibt,
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der Eigentumserwerb der Kl. auf dem SachenRBerG beruhte,
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sich das Objekt mitten in der früheren Kleingartenanlage
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oder an ihrem Rand befindet,
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andere Häuser der Umgebung bloße Wochenendhäuser sind.
Für die Praxis interessant sind auch die Ausführungen zu der Frage, wie die Restnutzungsdauer im Falle von Kernsanierungen (§ 253 Abs. 2 Satz 4 BewG) zu bestimmen ist. Hier hat das FG sich der Verwaltungsauffassung (Abschn. 253.1 Abs. 3 AEBewGrSt) angeschlossen, wonach vom Jahr der Kernsanierung als neuem maßgeblichen Baujahr auszugehen und die Restnutzungsdauer im Jahr der Kernsanierung aus Vereinfachungsgründen im Wege einer sachgerechten Schätzung (§ 162 AO) auf 90 % der typisierten Gesamtnutzungsdauer zu bemessen ist.
III. Weiterführende Hinweise
Da unterschiedliche Entwicklungszustände nicht nur in Fällen überlagernder Bodenrichtwertzonen (ausdrücklich im Gesetz nur hinsichtlich unterschiedlicher Nutzungsarten geregelt, § 247 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BewG), sondern auch bei Vorliegen nur einer räumlich einschlägigen Bodenrichtwertzone berücksichtigungsfähig sind (§ 247 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BewG), ist damit zu rechnen, dass hier in zukünftigen finanzgerichtlichen Verfahren noch öfter die Musik spielen wird. Wenn ein Zonen-Bodenrichtwert nur für baureifes Land ermittelt worden ist, das Bewertungsobjekt aber einen abweichenden Entwicklungszustand aufweist, ist der Weg zu einer (regelmäßig zu einem niedrigeren Wert führenden) Ableitung nach § 247 Abs. 3 BewG eröffnet (vgl. FG Düsseldorf, Beschluss vom 9.1.2025 11 V 2128/24 A (BG), EFG 2025, 499; FG Düsseldorf, Urteil vom 22.5.2025 11 K 2040/24 Gr, BG, juris). Hier bedarf es u. U. einer vertieften Auseinandersetzung mit den Vorgaben von § 3 ImmoWertV.
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